Unterschiedlichste Ereignisse – Fusionen, Carve-Outs, Zukäufe oder eine neue Firmenstrategie – führen dazu, dass eine Unternehmensmarke auf veränderte Gegebenheiten ausgerichtet werden muss. Doch auch die Markenstrategie selbst ist häufig der Startpunkt einer Veränderung. Bei diesem so genannten „Brand Driven Change“ bildet die Marke den zentralen Treiber und auch die Leitlinie für den Veränderungsprozess.
Wie Sie diesen Brand Driven Change Prozess am besten steuern, beschreibe ich zusammen mit Markenprofi Dr. Matthias Hüsgen hier im Blog.
Ein markengetriebener Wandel bietet viele Vorteile: Zum einen übernimmt die Marke als strategischer Kompass eine wichtige Steuerungs- und Orientierungsfunktion für ein Unternehmen auf dem Weg zu neuen Ufern. Zum anderen ist sie ein wichtiger Identitätsanker und setzt durch Kernwerte und Persönlichkeitsmerkmale die Leitplanken für notwendige Veränderungen von Grundhaltungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Menschen im Unternehmen.
Anstatt also Werte und Verhaltensspielregeln losgelöst vom Markenversprechen – zum Beispiel in Form einer spezifischen Change-Philosophie – zu entwickeln, bietet die eigene Markenidentität schon unmittelbar eine Plattform. Da die Neu-Positionierung einer Marke in der Regel auf bestehenden Stärken des Unternehmens aufsetzt, wird zudem das Change-Prinzip „Zukunft braucht Herkunft“ berücksichtigt. Hinzu kommt: Die Entwicklung der Unternehmensmarke ist immer auch Zukunfts- und Visionsarbeit. Und in der Unternehmensmarke ist der Unternehmenszweck, also die Mission, konzentriert angelegt. Die Marke wirkt damit in hohem Maße handlungsleitend. Sie stiftet Sinn und entwickelt Zukunftsbilder, die für eine positive Aufbruchstimmung und die nötige Ausdauer in Veränderungsprozessen sorgen können.
Change- und Brand-Management agieren Hand in Hand – von Anfang an
Um die treibende Kraft der Marke im Wandel voll zu nutzen, ist ein integrierter Ansatz notwendig. In der Praxis agieren Brand- und Change-Management jedoch oft getrennt voneinander. Dieser organisatorisch, aber vor allem auch inhaltlich separate bis disparate Ansatz der beiden Schlüsselfunktionen führt dazu, dass wertvolle Synergien nicht genutzt werden. Zudem wird versäumt, den Markenentwicklungs- bzw. Neupositionierungsprozess selbst bereits als Bestandteil des Change-Vorhabens zu verstehen und zielführend zu gestalten.
Eine grundsätzliche Herausforderung liegt also im integrierten Zusammenspiel von Brand- und Change-Management. Dabei ist die konzeptionelle Arbeit an der Marke der entscheidende erste Schritt im gesamten Veränderungsprozess. Erfolgreiche markenorientierte Unternehmen betreiben Brand Driven Change daher von Anfang an integriert.
Brand Driven Change erfordert Veränderung auf zwei Ebenen
Ein erfolgreicher Brand Driven Change umfasst zwei Ebenen: Während auf der Ebene des Brand-Managements die inhaltliche Entwicklung und Überarbeitung im Vordergrund steht, gestaltet das Change-Management die Vorgehensweise im gesamten Veränderungsprozess und sorgt damit für einen möglichst zielführenden und reibungslosen Wandel. Es geht also um das Zusammenspiel des „Was“, also der Markeninhalte, mit dem „Wie“, der Veränderungssteuerung. Dies führt zu einer markeninduzierten, unternehmensweiten Veränderung von Abläufen, Strukturen, Verhaltens- und Arbeitsweisen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Beteiligung der Mitarbeiter. Das Thema „Marke“ schafft dafür dank seiner Emotionalität und Bedeutung eine gute Plattform, um die inhaltliche Mitarbeit und den Dialog im Gesamtprozess zu gewährleisten.
In sechs Schritten zum Erfolg
Für die optimale Steuerung von Brand-Driven-Change-Prozessen empfiehlt sich ein Vorgehen in 6 Stufen. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass die einzelnen Prozessschritte situativ auf die Anforderungen des jeweiligen Unternehmens angepasst werden sollten. Denn einen allgemeingültigen Königsweg für den erfolgreichen Ablauf eines Brand Driven Change gibt es nicht.
Schritt 1: Entwicklung des Projektdesigns
In einem ersten Schritt geht es darum, das Projektdesign zu entwickeln – sowohl für die Erarbeitung und Umsetzung der neuen Markenstrategie als auch für die damit einhergehenden Veränderungen. Hierfür sind zunächst die Verantwortlichkeiten im Projekt zu definieren, Rollen und Schnittstellen zu klären und die grobe Stoßrichtung im Prozessverlauf festzulegen. Je nach Unternehmensgröße ist ein Projektteam sinnvoll, das sich aus Experten, Betroffenen, Meinungsbildnern und Entscheidern zusammensetzt. Um die notwendige Integration von Change- und Markenexperten sicherzustellen, sollten Verantwortliche aus beiden Funktionen vertreten sein. Da die Veränderung der Marke in der Umsetzung immer das Verhalten und die Arbeitsweise der Mitarbeiter tangiert, ist auch der Betriebsrat von Beginn an in einer möglichst institutionalisierten Form in das Veränderungsvorhaben einzubinden. Und bereits zu Beginn des Projekts sollte über Kommunikation die notwendige Transparenz über das Veränderungsvorhaben geschaffen werden, die sich dann entlang der einzelnen Projektphasen weiter fortsetzt.
Schritt 2: Analyse der Ausgangslage
Dieser Schritt ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf das Thema „Marke“. Neben dem Abgleich von Selbst- und Fremdbild der aktuellen Markenidentität werden das Wettbewerbsumfeld analysiert und kulturelle Muster, Stärken und Schwächen identifiziert. Diese Analyse mündet in erste Handlungsempfehlungen für die Strategiephase.
Auch hier kann durch die Art der Vorgehensweise eine besondere Veränderungsdynamik entstehen. Es empfiehlt sich hierbei – ähnlich einer Systemdiagnose in anderen Change-Vorhaben – einen Großteil der Belegschaft durch qualitative Interviews und Befragungen direkt in den Analyseprozess einzubinden. So führte Arbach zum Beispiel bei der Echo Medien GmbH, die unter anderem die Regionalzeitung Darmstädter Echo herausgibt, bei deren Markenentwicklung qualitative Tiefeninterviews zur Ist-Situation der Markenidentität mit Mitarbeitern und Führungskräften durch. Auf der Basis dieser Erkenntnisse entstand der Fragebogen für eine quantitative Online-Umfrage mit allen Mitarbeitern. Die interne Perspektive wurde durch Kundenbefragungen um die Außensicht erweitert sowie durch Desktop Research angereichert. Auf diese Weise entstand ein klares Bild zum Ist-Zustand, auf dem eine maßgeschneiderte Strategieentwicklung aufbauen konnte.
Schritt 3: Strategieentwicklung
Im dritten Schritt werden die Inhalte für den gesamten Veränderungsprozess definiert. Auf der Ebene des Brand-Managements geht es dabei im Kern um die inhaltliche Entwicklung des Markenversprechens. Die Art des Vorgehens wirkt hier handlungsleitend für die Akzeptanz in der nachfolgenden Implementierungsphase. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Markenstrategie nicht nur mit wenigen Fachexperten zu entwickeln, sondern bereits bei der Strategiearbeit einen erweiterten Führungskreis, wichtige Multiplikatoren und weitere Experten einzubeziehen. So hat Arbach etwa für einen Energieversorger im Rhein-Main-Gebiet den Markenkern in einem zweistufigen Prozess erst durch die Geschäftsleitung und dann durch ein 17-köpfiges Strategie-Team erarbeitet.
Sind Markenkonzept und künftiges Markenversprechen entwickelt, liegt die strategische Leitlinie für den internen Verankerungsprozess vor. Denn die Qualität des Markenversprechens, als wesentlicher Bestandteil der Markenstrategie, gibt die Richtung für den anschließenden Implementierungsprozess vor. Ist zum Beispiel „Begeisterung“ ein neuer Kernwert der Marke, sollte dieser auch im weiteren Prozess spürbar werden – spätestens am Prozessende auch für Kunden und weitere Stakeholder.
Schritt 4: Planung der Umsetzung
Der vierte Prozessschritt beinhaltet die sorgfältige Planung für die interne Implementierung des Markenversprechens in den Arbeitsalltag. Basierend auf Analysen des Change-Impacts und der Markenkontaktpunkte wird ein ganzheitlicher Realisierungsplan entworfen.
Schritt 5: Steuerung der Umsetzung
Im fünften Schritt gilt es, durch entsprechende Interventionen zuerst Markenverständnis und Markenwissen aufzubauen und darauf basierend die Implementierung durch die Mitarbeiter zu vollziehen.
Hierzu zwei Beispiele aus der Telekommunikationsbranche: In Deutschland hat Vodafone zuerst allen Mitarbeitern deutschlandweit in Schulungstrucks das neue Markenversprechen und die Bedeutung der Marke für ihre tägliche Arbeit vermittelt. Dieses grundlegende Wissen wurde anschließend vertiefend operationalisiert: Mittels eines Train-the-trainer-Ansatzes zusammen mit Führungskräften von Teams mit direktem Kundenkontakt wurden aus dem geänderten Markenversprechen Handlungsleitlinien entwickelt. Die Vorgesetzten übertrugen dann diese Leitlinien mit ihren Mitarbeitern in den Arbeitsalltag – teilweise unterstützt durch Hilfsmittel wie Poster oder Schreibtischunterlagen. Der Prozess hin zu einer „Branded Customer Experience“ wurde auf diese Weise nachhaltig initiiert.
Speziell Unternehmen mit einer starken Consumer Brand gehen bei der erlebnisorientierten Verankerung der Markenphilosophie und der nachhaltigen Einwirkung auf Mind-Set und Schlüsselverhalten ihrer Mitarbeiter gelegentlich noch einen Schritt weiter: So setzen BMW und die Deutsche Lufthansa seit einigen Jahren sehr erfolgreich auf eigens gebaute und gestaltete Erlebnisräume für die eigene Marke. Ebenso multimedial wie konkret, mit einer Kombination aus haptischen und begehbaren Erfahrungsinseln zum Kern und zur Wirkung der Marke setzen Konzepte wie eine Brand Academy auf avancierte Lernformate. Diese erlauben eine 360°-Annäherung an die Marke und das Entstehen einer Magie, die sich im räumlichen Erleben entwickelt und zugleich über den Aufenthalt in der Academy hinausreicht.
In diesem fünften Schritt geht es schließlich darum, den Change-Prozess aktiv zu steuern, die definierten Maßnahmen wie Team-Workshops entsprechend erfolgreich zu implementieren und bei Bedarf Unterstützung anzubieten.
Schritt 6: Erfolge messen und nachsteuern
Im diesem letzten und fortlaufend begleitenden Prozessschritt wird der Erfolg anhand definierter KPIs analysiert. Zudem werden gegebenenfalls weitere justierende Maßnahmen eingeleitet. In diesem Zusammenhang hat es sich bewährt, das Thema „Marke“ mittels wiederkehrender Instrumente wie Trainings, Zielvereinbarungsgesprächen oder einmal jährlich stattfindenden Team-Workshops regelmäßig gemeinsam zu beleuchten und den Fortschritt der definierten Maßnahmen, die auf die Marke einzahlen, zu überprüfen. Über interne Kommunikation sollten Projekterfolge und auch langfristige Effekte des Gesamtprojekts immer wieder in Erinnerung gerufen und gewürdigt werden. Interne Veranstaltungen, die zur Marke passen, sind hier ein bewährtes, wiederkehrendes Instrument, um das Wir-Gefühl und die Identifikation mit der Marke dauerhaft zu stärken.
Mehr dazu hören Sie auch im Interview auf Management Radio.
Autoren: Dr. Matthias Hüsgen, Geschäftsführer von BlackEight und Sabine Grözinger, Geschäftsführerin ARBACH GmbH
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